Roland Ionas Bialke - Indymedia - 24. März 2009
Heute, am 24. März 2009, fand der elfte Prozesstag gegen Roland statt. Roland wird vorgeworfen am 24. Dezember 2006 mehrere erlaubnisfreie Waffen entgegen einen Waffenverbot im Einzelfall besessen zu haben und dazu noch entgegen dem Gesetz über explosionsfähige Stoffe ohne Erlaubnis Schwarzpulver besessen zu haben. Zudem wird Roland vorgeworfen sich bei einem Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy seiner Festnahme widersetzt zu haben. Nachdem zwei Zeugen gehört wurden, eine Polizistin einer Einsatzhundertschaft und ein Aufklärer des Bundeskriminalamts, wurde Roland zu einer Geldstrafe über 1200 Euro erstinstanzlich verurteilt. Zusätzlich wird Roland wegen einer "Ungebühr" im Gerichtssaal zwei Tage im Gefängnis absitzen müssen.
Als erste Zeugin wurde die POMin Heppner (1. Einsatzhundertschaft der 1. Berliner Bereitschaftspolizeiabteilung) gehört. Sie sagte aus, dass ich mich nicht im Stand gewehrt hatte, sondern erst als ich durch Polizisten zu Boden gebracht wurde, wild mit meinen Armen und Beinen umherschlug bzw. trat. Getroffen haben soll ich aber niemanden. An einen Zaun, an dem ich mich der Aussage von POK Urban zufolge festgehalten haben soll, konnte sie sich nicht erinnern. Nun fragte ich Heppner nach den taktischen Zeichen die ihre Kollegen trugen. Mir ging es vor allem darum, dass Beamte der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten in Berlin oft Kameras bei sich trugen und auch auf Festnahmen speziell geschult wurden. Heppner wollte nichts zur Taktik sagen und so musste ich durch das Vorhalten von Fotos darauf hinweisen, dass die mich festnehmenden Polizisten (!) die Rückennummern 1111 und 1212 trugen. Beides Beamte der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten gekennzeichnet durch die 1 an dritter Stelle. Heppner will selbst so einer Einheit nicht angehören, sagte nichts über ihre Rückennummer und das Vorspielen von Videos die die Festnahmesituation zeigten wurde mir an diesen Prozesstag zu dieser Zeugin durch die Richterin nicht gestattet. Das krasse an der Sache ist, dass die Situation in der mich Heppner übernommen haben will, mich zwei Männer fixierten. POMin Heppner filmte direkt die Situation, was jedoch nicht mit Beweisen in die Hauptverhandlung eingebracht werden konnte. Heppners entlastendes Filmmaterial wurde durch die EG Video unter Mitwirkung von KKin Standhardt (LKA 534) nicht Existent gemacht.
Als zweiter Zeuge wurde Karl-Heinz Wiesner vom Bundeskriminalamt gehört. Er war am 12. November 2007 als Aufklärer im Umfeld des Staatsbesuchs eingesetzt. Er will gesehen haben, wie ich mich in der ersten Festnahmesituation mit Händen und Füssen gewehrt habe, jedoch erst als ich schon zu Boden gebracht war. Das widersprach Heppners Aussage. Auf einer Skizze markierte er den Festnahmeverlauf. An einen Zaun, an den ich mich festgekrallt haben soll, konnte er sich aber nicht mehr erinnern. Allerdings wie die meisten anderen ZeugInnen auch erinnerte er sich daran, dass im nahen Umfeld des Staatsbesuchs eine Demonstration gegen die Vorratsdatenspeicherung stattgefunden hat. Die Demonstration damals hatte aber rein garnichts mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun, sondern richtete sich gegen die rassistische Politik Sarkozys.
Es folgten sieben Anträge, die aber zurückgewiesen wurden. Ich beantragte u.a. den Schulleiter der Romain-Rolland-Oberschule als Zeugen zu hören. Auch einen BZ-Fotografen, der mich direkt bei der Festnahme fotografierte, benannte ich als Zeugen. Wegen des Anklagepunktes Waffenbesitz beantragte ich schliesslich den NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt als Zeugen zu hören. Er hatte im Oktober 2006 beobachtet wie Polizisten des LKA 533 mich, nachdem ich eine NPD-Demonstration angegriffen haben soll, versuchten zu verhören. Später logen die gleichen Polizisten, dass sie gegen mich zum ersten Mal am Abend des 23. Dezember 2006 ermittelt hatten. So rechtfertigten sie eine Wohnungsdurchsuchung ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss.
Die Beweisaufnahme war nun beendet. Der Staatsanwalt Henjes forderte 90 Tagessätze a 15 Euro Geldstrafe gegen mich. Allerdings nahm er die mir zur Last gelegte Körperverletzung zurück. Die mir zwangsweise beigeordnete Rechtsanwältin Mäder-Hildebrandt plädierte auf einen Verbotsirrtum bezüglich des Waffenbesitzes. Für die anderen Delikte beantragte sie eine Geldstrafe von 40 Tagessätze a 15 Euro.
In meinen letzten Wort kritisierte ich die Strafe an sich: "Wenn ich wirklich böse gewesen sein soll, dann hilft mir eine Geldstrafe, die ich sowieso nicht bezahlen kann, nicht weiter. Und auch der Gesellschaft nützt es nicht, wenn ich im Gefängnis sitze. Strafe verursacht nur Kosten und hilft Uns nicht weiter." Ich beantragte alle Verfahren gegen mich einzustellen und darauf hinzuwirken, dass ich mich sinnvoll entwickeln kann. Ich forderte die Richterin Biesterfeld auf: "Sein sie kreativ!", und gab zu bedenken, ob nicht doch Jugendrecht gegen mich anzuwenden sei, da ich ein "Spätzünder" wäre. Auch stellte ich klar, dass ich gegen die Schädigung von Menschen durch Sprengstoff und Waffen bin. Nach meinen relativ langen Schlusswort erfolgte das Urteil. Dafür liess sich die Richterin ziemlich lange Zeit.
Als die Richterin herauskam um das Urteil zu verkünden, alle Menschen im Gerichtssaal standen, verhinderte ich ihren Versuch auf eine für mich entwürdigten Weise das Urteil zu verkünden. Ich brachte hervor, dass ich mich während der Verkündung des Urteils hinsetzen würde und setzte mich. Ich sagte: "Wenn sie in Not sind, dann stehe ich gerne für sie auf. Aber nicht für dieses Schauspiel." Ich thematisierte die schwarzen Roben der Richterin, des Staatsanwalts und der Rechtsanwältin. Die Richterin antwortete, dass sie mir dann aber wegen "Ungebürlichkeit" ein Ordnungsgeld oder ersatzweise Ordnungshaft ausprechen müsste. Ich antwortete: "Ich respektiere alle Menschen hier im Gerichtssaal, aber dieses Schauspiel mache ich nicht mit." Die Richterin sprach daraufhin ein Ordnungsgeld von 100 Euro, ersatzweise 2 Tage Ordnungshaft, gegen mich aus.
Anschliessend wurde ich erstinstanzlich wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Waffenbesitzes entgegen einen Waffenverbot für den Einzelfall zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen a 15 Euro verurteilt. Der Besitz von Schwarzpulver wurde zu einer Tat mit dem Verstoss gegen das Waffengesetz gemacht. Die Richterin erklärte, dass ich mich bei der Festnahme am 12. November 2007 "gegen die Laufrichtung gestemmt" und so einen Widerstand begangen habe. Weiter führte die Richterin aus: "Einzelne Beamte waren dem Angeklagten nicht wohlgesonnen." Und erläuterte weiter, dass ich "gezielt ein Sicherheitsrisiko erzeugt" habe. Es handelt sich aber nur um einen einfachen Widerstand ohne Körperverletzung. Bezüglich der Waffen gab sie an, dass ich mit den Vorderladern, Schiesspflastern, der "Kugelpresse" und dem Schwarzpulver "scharfe Waffen" in meiner Wohnung gehabt hätte. Einen Verbotsirrtum wegen des fehlerhaften Waffenverbots schloss sie aus. Die Richterin gab aber an, dass sie auch den Eindruck hatte, dass ich "entwicklungsverzögert" sei und hätte mich auch besser unter Jugendstrafrecht verurteilen wollen. Das wollte sie aber nicht, da das "leider nur bis 21" geht. Folgender Ausspruch der Richterin Biesterfeld machte aber klar, dass sie Menschen die sich juristisch autonom wehren für verrückt hält: "Dass der Angeklagte seine eigene Verteidigerin behindert, dass ist ein Anzeichen dafür, dass er nicht ganz normal ist."
Gegen dieses Urteil werde ich in Berufung gehen. Es ist nicht rechtskräftig. Trotzdem ein kurzes Fazit. Mit kreativer Antirepression konnte ich dafür sorgen, dass einige Anklagepunkte eingestellt wurden. Ausserdem machte ich die Gerichtsverhandlung zu einer Farce, signalisierte, dass es mit schwieriger wird. Dafür erhielt ich dann aber von einer genervten Richterin 20 Tagessätze mehr und habe etwas Lebenszeit (zwei Tage Gefängnis, Geld für eventuelle höhere Gerichtskosten, 10 Prozesstage mehr im Gerichtssaal) verschwendet. Für kreative Antirepression spricht aber, dass ich die Polizei peinlich genau verhören konnte. Dagegen spricht, was nicht für mich galt - von mir war schon zu viel bekannt - dass ihr bei kreativer Antirepression zu viel von Euch preisgebt. Kreative Antirepression ohne zahlreiche Unterstützung ist kaum durchführbar. Was nutzt es, wenn ich die hässliche Fratze der Justiz demaskiere und niemand schaut zu? Zudem sind die kreativen Möglichkeiten allein sehr begrenzt. Obwohl mir die kreative Antirepression eher zusagt, bin ich vor einigen Wochen in die Rote Hilfe eingetreten. Kreative Antirepression und die konservativen Verhaltensregeln der Roten Hilfe widersprechen sich nicht. Sie können sich ergänzen!!
Ich werde auf meiner Homepage weiter über die zweite Instanz berichten. Da augenscheinlich kaum Interesse an dem Prozess gegen mich für die Indymedia-Leserschaft besteht, werde ich auf Indymedia über den Prozess nur noch zusammenfassend berichten, sobald die zweite Instanz endet.
Vergangene Prozesstage:
1. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/11/231679.shtml
2. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/11/232789.shtml
3. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/12/234759.shtml
4. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/12/236428.shtml
5. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/12/236870.shtml
6. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/01/238796.shtml
7. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/01/239975.shtml
8. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/02/241626.shtml
9. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/02/242655.shtml
10. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/02/242655.shtml
Für die Recherche:
http://recht-extremismus.de.vu
http://www.rote-hilfe.de/media/files/was_tun_wenn_s_brennt