Roland Ionas Bialke - Indymedia - 17. November 2009
Am 12. und 13. November 2009 fanden im Berliner Landgericht die ersten beiden Prozesstage im Berufungsverfahren gegen Roland statt. Roland wird ein Verstoss gegen das Waffengesetz in Verbindung mit einem Verstoss gegen das Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Roland hatte sich am 12. November 2007 gegen den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und der Bundeskanzlerin Angela Merkel in deren unmittelbarer Nähe geäussert und soll sich dabei der Festnahme durch einen Polizisten widersetzt haben. Während des Berufungsprozesses wurde bekannt, dass gegen Roland trotz Negativauskunft der Staatsanwaltschaft mehrere andere Verfahren schon vor und während der ersten Instanz geführt wurden. Neben einer Parallelakte zum Prozess gibt es ein "Ermittlungsverfahren gegen niemand", indem gegen Roland ermittelt wird.
Als der Berufungsprozess gegen mich begann, kam die Vizepräsidentin des Berliner Landgerichts Margarete Koppers und zwei SchöffInnen in den Gerichtssaal. Alle anwesende erhoben sich, mit Ausnahme von mir. Schon in der ersten Instanz war ich nicht vor der Richterin aufgestanden, hatte den Prozess als Schauspiel bezeichnet und zwei Tage Ordnungshaft von der Richterin Biesterfeld bekommen. Diesmal sollte jedoch nicht nur gegen die Justizposse Widerstand geleistet werden sondern besonders die Zwangsmittel aufgezeigt werden. Die Richterin drohte mir Ordnungshaft an. Ich blieb daraufhin nicht sitzen, sondern stand zum Vorlesen eines Befangenheitsantrags auf: Die Richterin sei befangen, denn sie bedrohe den Angeklagten. Zudem thematisierte ich in diesen Befangenheitsantrag, dass ich nicht freiwillig im Gerichtsaal war. Logischerweise war die Richterin auf eine Antragsflut vorbereitet und Verbot mir ausserhalb meines Rederechts Anträge zu stellen. Daraufhin pochte ich auf die Unaufschiebbarkeit meines Antrages. Doch was nicht alles geht: Die Richterin liess protokollieren, dass ich die nichtaufschiebbaren Anträge ohne Rechtsverlust auch später (bis 18 Uhr) stellen könne. So gab ich den Antrag am Abend im Büro der Richterin ab und der Antrag wurde am Anfang des nächsten Prozesstages verlesen. Die Richterin lehnte den Befangenheitsantrag ab, allerdings bezog sie sich dabei nicht auf die Strafprozessordnung die einen Zwang, also auch eine Bedrohung, gegen Prozessbeteiligte zulässt. Nein, Richterin Koppers behauptete mich nicht bedroht zu haben. Seitdem ist der Richterin jedes Mal ihre Abneigung mir gegenüber anzusehen, wenn ich nebenbei bemerke, dass ich nicht freiwillig, also unter Zwang, im Gerichtssaal bin. Zweiter Möglichkeit zum Triggern ist ein leicht jähzorniger Schöffe mit grossen Mitteilungsbedarf. Bis auf eine Schöffin, die neu vereidigt wurde, hatte ich das Verhalten aller prozessbeteiligter bei anderen Gerichtsprozessen beobachtet.
Auf den Prozess im Gerichtssaal will ich diesmal weniger eingehen. Der grosse zeitliche Abstand - zwei Jahre nach dem Showstealing gegen Merkel und Sarkozy, sowie drei Jahre nach der relevanten Wohnungsdurchsuchung, wo trotz Waffenverbot für den Einzelfall drei erlaubnisfreie Waffen und Schwarzpulver gefunden worden sein sollen - sorgte dafür, dass sich keineR der PolizistInnen wirklich erinnern kann. Alle sagen fein auf was sie auswendig gelernt und als Bericht geschrieben haben. Auf Nachfrage widersprechen sich die PolizistInnen. Das schwarzpulversuspekte Pulver war grau oder schwarz, grob oder fein, und auf den Fotos in den Akten ist ein schwarzes Pulver mit weissen Punkten drauf zu sehen. Farbfotos gibt es nicht. Warum? Da widersprechen sich die PolizistInnen wieder. Dirk Eitner vom LKA 534 sagt: "Der Drucker unserer Dienststelle konnte das Foto nicht farbig drucken.", Anja Rademacher vom LKA 534 dann allerdings: "Die Fotos wurden zu einer Fachdienststelle zum Ausdrucken geschickt." Doch jetzt gibt es, wie schon geschrieben, keine farbigen Fotos mehr. Mit Beweisanträgen versuchte ich darum die Möglichkeit zu belegen, dass in meiner Wohnung eine harmlose Substanz befunden hat und sich erst später zu einem explosionsgefährlichen Stoff umgewandelt hat. Technisch ist das möglich. Doch eigentlich müsste die Staatsanwaltschaft belegen, dass das bei mir nicht so war. Der Test des schwarzpulversuspekten Pulvers tut nichts zur Sache. Aber auch diesen Test - Fallhammertest genannt - griff ich an. Das Gesetz verweist auf eine europäische Richtlinie, wonach explosionsgefährliche Stoffe getestet werden. Es stellt sich heraus, dass das Testgerät seit 1974 in Betrieb ist und es keine Aufzeichnungen über dessen Reinigung gibt. Darum bezweifelte ich die Genauigkeit der Messungen des Testgeräts. Relevant ist aber nicht dieser Test, sondern ein chemisches Gutachten. Aber auch dieses kann nicht widerlegen, dass zur Zeit der Wohnungsdurchsuchung das angebliche Schwarzpulver kein Schwarzpulver war. Ein Entschärfer gibt daraufhin im Gerichtssaal zu, dass Schwarzpulver durch das Beimischen von anderen Chemikalien zu einer nicht-explosionsgefährlichen Substanz umwandeln kann. Er nannte Wasser als Beispiel. Ich fragte daraufhin: "Kann Wasser verdunsten?", und führe weiter aus: "Kann festes Kohlenstoffdioxid (Trockeneis, und bei Zimmertemperatur gasförmig - Bestandteil der Luft) oder H2O2 (wandelt sich zu Wasser und Sauerstoff um) Schwarzpulver auch zu einem explosionsungefährlichen Stoff machen?" Doch hier will der erfahrende Entschärfer nichts mehr sagen, will keine Ahnung von Chemie haben. Darum fragte ich: "Wenn er keine Ahnung von Chemie hat, wie kann er dann bei Durchsuchungen "gefährliche Chemikalien" entdecken?
Die angeblich in meiner Wohnung gefundenen Waffen - Wer wohnte denn wirklich alles in meiner Wohnung? Fakt ist, und das thematisierte ich mit Nachfragen, es wurden etliche Gegenstände in der Wohnung in der ich polizeilich gemeldet bin die anderen Personen zugeordnet werden konnten oder könnten. Eine Mini-Lederjacke, gut dokumentiert, die mir nicht anprobiert wurde und die augenscheinlich für mich zu klein ist. Ausweispapiere einer anderen Person wurde ebenfalls in der Wohnung gefunden. Doch ermittelt wurde gegen diese Person nicht. Zwischenzeitlich ist diese Person auch verstorben. Auch andere Accessoires, die nichts mit meiner Person zu tun haben können, wurden gut dokumentiert und von mir durch Befragung der PolizistInnen thematisiert.
Und wer hat den Punkt 2 der Anklage (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) am 12. November 2007 gesehen? Der Polizist, der aufgrund des angeblichen Widerstands Schmerzen gehabt haben will, sagt, er habe keine Schmerzen gefühlt. Auf den Videos ist nichts zu sehen, ausser, dass ich beim abgeführt werden stolperte. Der betroffene Polizist und ein verdeckter BKA-Personenschützer will aber den Widerstand am Boden gesehen haben. Doch beide geben dann zu: Als ich am Boden lag war ich durch die Einwirkung eines anderen verdeckten BKA-Personenschützers auf meinen Kopf benommen.Unabstreitbar ist, dass ich am 12. November 2009 mit erhobener Hand bis auf etwa einen Meter an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy herantrat und eine Parole rief. Dann wurde ich von hinten umgerissen und weggeschleppt. Fakt ist auch, dass es an diesem Tag zwei politische Versammlungen auf dem Gelände, wo die Parole gerufen wurde, gab. Einmal eine Demonstration gegen die rassistische Politik Nicolas Sarkozys und die zweite Demonstration war die Nicolas Sarkozys und Angela Merkels. Bei der zweiten Demonstration durfte aber nicht jeder Parolen rufen.
Ansonsten ähnelt die zweite Instanz der Ersten. Was dort im Gerichtssaal geschah, ist gut dokumentiert:
0. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2007/11/200961.shtml
1. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/11/231679.shtml
2. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/11/232789.shtml
3. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/12/234759.shtml
4. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/12/236428.shtml
5. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2008/12/236870.shtml
6. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/01/238796.shtml
7. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/01/239975.shtml
8. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/02/241626.shtml
9. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/02/242655.shtml
10. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/02/242655.shtml
11. Prozesstag - http://de.indymedia.org/2009/03/245062.shtml
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass etliche weitere Ermittlungen gegen mich geführt werden. Die zuständige Staatsanwaltschaft hatte das Gegenteil behauptet. So bekam ich für den Prozess relevante Akteneinsicht und erfuhr, dass in einem Verfahren gegen "niemand" gegen mich ermittelt wurde. Damit ich in diesem Verfahren keine Akteneinsicht bekomme und die Akten im Prozess durch Beweisanträge verwenden kann, wurde einfach gegen "0" ermittelt. Die Ermittlungsakte bezieht sich dann komplett auf mich. Die Polizei ermittelt dabei gegen eine Organisation die in Deutschland und in der Schweiz aktiv sein soll.
Aber nicht nur das. Ein Buchdrucker aus Friedrichshain meldete sich bei der Polizei und zeigte an, dass ich zu ihm in die Druckerei kam und ihm einen Druckauftrag erteilte. Angeblich sollte er 600 Exemplare des Buchs "Roland Ionas Bialke - Initialsprengstoffe und Anzündmittel" drucken. Doch dann überlegte er sich das anders und denunzierte den angeblichen Auftraggeber. Doch das Verfahren ist für die Staatsanwaltschaften nicht ganz einfach. Gleichzeitig werden die Verfahren in Berlin und Kiel geführt. Beide Behörden konnten sich nicht einigen gegen was das Buch überhaupt verstösst. Einmal gegen das Presserecht, dann gegen das Waffengesetz. Also werden beide Verfahren verbunden, doch das zuerst ausgewählte Presserecht eignet sich nicht für die Strafverfolgung. An Oberstaatsanwalt Michael von Hagen (Staatsanwaltschaft 81, in Berlin zuständig für politische Strafanklagen) wird das Verfahren übergeben. Doch er will nichts mit dem Verfahren zu tun haben. Das Verfahren sei nach der Geschäftsordnung nicht politisch und wird eingestellt. Nach einigen Wochen wird es aber wieder aufgenommen. Nun doch kein Presserecht, sondern Verstoss gegen das Waffengesetz. Allerdings wird abgewartet, denn in einer Kleinstadt hätten die Behörden neue "Erkenntnisse". In Berlin gelingt den ErmittlerInnen dann der Coup: Ein Jugendlicher schmeisst in Pankow einen Böller auf die Strasse. Der Jugendliche stimmt der gerufenen Polizei zu seine Wohnung durchsuchen zu lassen. Auch den Knallerwurf gibt der Jugendliche zu. Dann erzählt er, dass er im Internet ein tolles Buch über Sprengstoffe gelesen habe. Von mir geschrieben.
Schliesslich kam heraus, dass vor und während der ersten Instanz eine Parallelakte geführt wurde. Dieser Akte zufolge ist Dirk Stoewhase vom LKA 5122 (erstellt Lagebilder und Persönlichkeitsprofile von Linken) Prozessbeteiligter in dem Gerichtsprozess gegen mich (gewesen). Auch durfte ich lesen was bei einer Allgemeinen Personenkontrolle über meine Person mitgeteilt wird: "Explosionsgefährlich, politisch motivierter Straftäter links"